1 800 000 CZK
| 72 000 EUR
Lot 101
DIE NÄHERIN
71 x 55 cm (h x b)
Rufpreis
Erzielter Preis
4 100 000 CZK
| 164 000 EUR
| 164 000 EUR
preis ohne Aufpreis
Öl auf Leinwand, links mittig signiert 'F. Muzika 1921'; aus einer bedeutenden Prager Sammlung. Aus dem Fachgutachten von Rea Michalová: Das hier angebotene Werk „Die Näherin“ ist ein authentisches, exklusives und rares Sammlerstück von František Muzika, einer führenden Persönlichkeit der tschechischen Malerei, Typografie und Szenografie des 20. Jahrhunderts, dessen Werk von Anfang an mit dem Schicksal der tschechischen Avantgarde der Zwischenkriegszeit verbunden war. Dieses hervorragende und äußerst kostbare Gemälde war Teil eines zwölf Werke umfassenden Ensembles, mit dem sich František Muzika 1922 an der legendären ersten Frühjahrsausstellung der Gruppierung Devětsil (Neunkräfte) beteiligte. Bei diesem Werk kann mit Fug und Recht von einer einzigartigen Entdeckung gesprochen werden, da es seit dieser denkwürdigen Ausstellung zum ersten Mal öffentlich präsentiert wird. So erblickt dieses prächtige und für die früher Devětsil-Phase absolut typische Bild, von dessen Existenz auch Fachleute bisher fast ausschließlich aufgrund seines Katalogeintrags wussten, nach Jahrzehnten wieder das Licht der Welt. Das vorliegende Werk ist eine der Erscheinungsformen der sog. "neuen Realismen" in der tschechischen Kunst der frühen 1920er-Jahre. Es veranschaulicht hervorragend das Devětsil-Programm der proletarischen Kunst, das unter dem theoretischen Taktstock von Karel Teige die künstlerische Form des magischen Realismus und des primitivierenden (Neo-) Klassizismus annahm. Diese beiden Stiltendenzen verbinden sich in dem hier beurteilten Werk auf geniale Weise. František Muzikas Bild „Die Näherin“ ist eine anspruchsvolle figurale Komposition, die die Monumentalität einer primitivistisch-klassizistischen Form anklingen lässt. Inspiriert ist das Werk von Henri Rousseau, dem „Maler der Liebe und des Guten“, und von anderen Werken anonymer Autoren diverser Hängetafeln und Jahrmarktbilder, die in Josef Čapeks Buch „Nejskromnější umění“ (The Humbelst Art) glorifiziert sind. Die naivistische Seite zeigt sich deutlich in der der frontal positionierten Gestalt mit marionettenhafter Geste, die in einem Augenblick festgehalten ist, der eine fast feierliche Atmosphäre vermittelt. Das blaue Kleid des Mädchens mit dem weißen Kragen verweist untrüglich auf die Romantik der Ferne, die zur gleichen Zeit auch bei „Matrosen“-Figuren von A. Wachsman und B. Stefan auftaucht. František Muzika sagte später selbst einmal: „Wir haben zwar (…) Arbeiter, Fabriken und andere Arbeitsstätten gemalt, waren aber dennoch bemüht, die Arbeit zu einem Feiertag zu machen. Daher wählten wir meist Sonntagsmotive, und es gelang uns nicht immer, in die Idylle „abzurutschen“. (F. Muzika) ausgestellt: FRÜHLINGSAUSSTELLUNG (JARNÍ VÝSTAVA) 1922 Bedřich Feuerstein – Adolf Hoffmeister – Josef Jiříkovský – František Muzika – Bedřich Piskač – Bedřich Stefan – Ladislav Süss – Josef Šíma – Karel Teige – Karel Vaňek – Alois Wachsman in den Ausstellungsräumen der Krasoumná jednota (ursprünglich: Kunstverein für Böhmen) in Prag, im Haus der Künstler (Rudolfinum). [Vernissage 29. April 1922.] Katalognr. 46 („Näherin, Öl“)